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Zur Geschichte der Nachnamen – Teil 2

Andrea Bentschneider - 30. Juni 2017 - Allgemein, Namenskunde, Wissen

Es ist bereits eine Weile her, seit unser Blogbeitrag Zur Geschichte der Nachnamen – Teil 1 erschienen ist. Wir haben aber natürlich nicht vergessen, dass wir eine Fortsetzung versprochen hatten. Heute ist es endlich soweit. Dieses Mal geht es um Berufsbezeichnungen und Übernamen als Nachnamen.

 

Berufe als Nachnamen

Bereits im ersten Teil haben wir Josef den Schmied bzw. später dann Josef Schmied als Beispiel genutzt. Tatsächlich führen in der Liste der häufigsten Nachnamen in Deutschland eindeutig die Nachnamen, die aus Berufsbezeichnungen entstanden sind. Entsprechend sind auch die häufigsten zehn Nachnamen in leicht wechselnder Reihenfolge dieser Gruppe zuzuordnen. An der Spitze steht unangefochten der Name Müller (auch Mueller, Möller), gefolgt von Schmidt, Schneider, Fischer, Meyer (bzw. Meier/Mayer/Maier; ein Verwaltungsbeamter oder Pächter), Weber, Wagner (ein Wagenmacher), Bäcker/Becker etc.

Viele dieser Namen sind heute in verschiedenen Schreibweisen zu finden. Ein Beispiel hierfür ist auch der Nachname Schmidt. Alle Personen, die heute Schmidt, Schmid oder Schmitt heißen, gehen auf Personen mit dem Beruf Schmied zurück. Anfänglich, als die meisten Personen noch nicht lesen und schreiben konnten, wurden Namen in den Kirchenbüchern oder Stadtdokumenten festgehalten. Der jeweilige Schreiber schrieb dann den Nachnamen so wie er es für richtig erachtete bzw. wie es der regionale Dialekt oder die aktuelle Schreibweise zuließ. Damit lässt sich auch erklären, warum Boris Becker und nicht Bäcker mit Nachnamen heißt und wie aus einem Müller die Variante Möller wurde.

Eine besonders hohe Differenzierung nach Berufen gab es in den Städten, die sich durch eine hohe Arbeitsteilung auszeichneten. Auf dem Land gab es vergleichsweise wenige unterschiedliche Berufe. Allerdings gibt es für ein und denselben Beruf oft eine Vielzahl an Varianten. So konnte ein Bauer beispielsweise auch den Namen Neubauer, Baumann oder Ackerbauer tragen.

Auch wer heute den Nachnamen Hufnagel, Amboss oder Hammer trägt, kann durchaus von einem Schmied als Nachnamensgeber ausgehen. Denn nicht nur die reine Berufsbezeichnung wurde genutzt, sondern auch Ableitungen. Solche indirekten Berufsbezeichnungen können also beispielsweise der Hammer als charakteristisches Werkzeug, der Stahl als Arbeitsmaterial, der Hufnagel als Erzeugnis oder aber auch das Feuer oder der Funke als Begleiterscheinung des Arbeitsvorgangs sein.

 

Familiennamen aus Übernamen

Wie im ersten Teil zur Geschichte der Nachnamen bereits erwähnt, gibt es aber noch eine Reihe anderer Ursprünge von Nachnamen. So wurden beispielsweise auch Begriffe gewählt, die die Person näher beschrieben. Sie konnten die körperlichen oder geistigen Merkmale einer Person betreffen, aber auch Charaktereigenschaften, Gewohnheiten oder bestimmte Lebensereignisse.  In der Sprachwissenschaft werden diese Bezeichnungen als Übernamen bezeichnet. Diese waren mal mehr, mal weniger schmeichelhaft. Letzteres kam keineswegs selten vor. Denn gerade das aus den Normvorstellungen einer Gemeinschaft herausfallende, war ja das Auffällige, das einen entsprechenden Beinamen begründete.

Der Schwimmsportler Michael Groß, passenderweise auch als „Albatros“ bekannt, trägt seinen Nachnamen bei einer Körpergröße von 2,01 m zu Recht. Wäre sein nachnamensgebender Vorfahr eher kleiner Natur gewesen, würde man in den Sportbüchern heute wohl eher Michael Klein lesen. Oder, wenn dieser lockige Haare hatte, beispielsweise Michael Krause. Auch körperliche Mängel und Krankheiten konnten zu einem Namen führen, so erklärt sich beispielsweise der Name Krummbein.

Nachnamen wie Wilde, Kess oder Weise lassen auf die charakterlichen Eigenschaften des Namensgebers schließen. Nicht immer wurden Merkmale dabei direkt beschrieben, auch Metaphern sind möglich oder ein übertragener Sinn. So kann der Nachname Spatz auf eine sehr zierliche Person zurückgeführt werden oder der Name Hahn auf einen Angeber oder Streitsüchtigen. Ebenso konnten Ess- und Trinkgewohnheiten einen Nachnamen begründen (z.B. Fraas oder Schluckebier).

Und auch biographische Ereignisse konnten zur Namensgebung beitragen. Wer beispielsweise Sonntag mit Nachnamen heißt, könnte von einer Person abstammen, die an eben diesem Wochentag geboren wurde.

 

Natürlich sind das längst nicht alle möglichen Ursprünge für heutige Nachnamen. Wir hoffen, Sie finden das Thema Namenskunde (Onomastik) genauso spannend wie wir. Falls ja, können Sie sich künftig auf weitere Teile unserer Blogreihe zur Geschichte der Nachnamen freuen.

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