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Straßennamen: Was tun, wenn einem einfach keine neuen Namen mehr einfallen wollen?

Heike Leiacker - 09. Juli 2017 - Allgemein, Wissen

Hier und da gibt es sie schon, Straßen, oder kurze Straßenabschnitte, die nie einen offiziellen Namen bekommen haben. Aus welchen Gründen auch immer. Aber dass es eine Straße gibt, die tatsächlich und ganz offiziell „Namenlose Straße“ heißt? Ja, auch das gibt es! Und zwar in Glückstadt.

Die beschauliche, kleine Stadt an der Elbe, in Schleswig-Holstein unweit von Hamburg gelegen, hat heute knapp 12.000 Einwohner. Sie wurde 1617 von dem dänischen König Christian IV. gegründet. Die Lage war strategisch gewählt, sie sollte als Verbindungspunkt nach Niedersachsen dienen und den Seehandel erschließen. Sinnbildlich hierfür wurde die Stadt Glückstadt genannt und trägt die Fortuna im Wappen. Auch wenn man es sich heute kaum vorstellen kann, wurde die Stadt tatsächlich so großzügig geplant, dass sie für Hamburg eine Konkurrenz hätte werden können. Es handelt sich um eine Planstadt, das erkennt man noch heute gut am Straßenverlauf. Sie wuchs schnell und wurde 1630 deutsche Residenzstadt des Königs sowie das Zentrum der dänischen Aktivitäten in Schleswig-Holstein. Doch es zeigte sich, dass Glückstadt zwar bis ins 18. Jahrhundert durchaus militärische Bedeutung hatte, in Bezug auf den Handel aber bei weitem nicht an Hamburg heranreichen konnte. 1863 verließen die Dänen Glückstadt und 1867 wurde Schleswig-Holstein preußische Provinz.

Zu Beginn gab es wohl auch noch keine Straßennamen. Man konnte einfach Beschreiben wo oder bei wem man wohnte. Mit schnell wachsender Größe bzw. unter neuer Herrschaft (Preußen) wurden dann aber eindeutige Straßenbezeichnungen eingeführt und offizielle Adressen entstanden. Sie wurden beispielsweise nach Funktion bzw. den dort ausgeübten Berufen (Schlachterstraße), den Orten zu denen sie führten (Große Kremper Straße) oder nach namhaften Personen (Königstraße) benannt. Dabei kam es laut Touristeninformation der Stadt offenbar bald zu Schwierigkeiten in der Benennung der Straßen. Eine Möglichkeit, wenn einem neue Namen ausgehen, ist es, einen solchen einfach doppelt zu vergeben: Große und Kleine Kremper Straße, Große und Kleine Deichstraße etc. Tatsächlich finden sich recht viele solcher Doppelbenennungen in Glückstadt. Aber was, wenn sich so gar nichts Besonderes findet, wonach man eine Straße benennen kann? So kam es wohl zur Benennung der Namenlosen Straße.

Irgendwie schon eine nette Geschichte. Kennt das nicht jeder, dass einem manchmal einfach nichts Neues mehr einfallen will (wer flucht z.B. nicht, wenn er sich schon wieder ein neues Passwort überlegen muss?)? Netter auf jeden Fall als eine zweite, wohl weniger gesicherte Überlieferung, dass der Name damit zusammenhängt, dass es in Zeiten der Pest hier ein Massengrab gegeben haben soll.

Zu finden ist die Straße mit dem skurrilen Namen übrigens durchaus zentral zwischen Marktplatz und Binnenhafen.

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