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Volljährigkeit gestern und heute

Heike Leiacker - 24. Juni 2022 - Allgemein, Historische Dokumente, Wissen, Hamburg

Endlich erwachsen und damit selbstbestimmt sein! Häufig wird sie sehnlichst herbeigewünscht - die Volljährigkeit. Ergeben sich daraus doch zahlreiche Freiheiten wie in Deutschland beispielsweise die volle Geschäftsfähigkeit, die das Abschließen von Verträgen aller Art erlaubt, die Möglichkeit Alkohol- und Tabakwaren legal zu kaufen, in Nachtclubs zu gehen, wählen zu können, den Wohnort frei zu bestimmen und ohne Erlaubnis der Erziehungsberechtigten oder eines Familiengerichts zu heiraten. Mit den Konsequenzen des eigenen Handelns muss man dann allerdings auch selbst leben.

Juristisch als erwachsen zu gelten hat damit also durchaus Vor- und Nachteile (auch wenn es z.B. im Strafrecht noch Übergangsfristen gibt). In den letzten ca. 150 Jahren wurde das gesetzliche Alter für die Volljährigkeit in Deutschland mehrfach herabgesetzt. Heute liegt es bei 18 Jahren.

Auch für die Ahnenforschung spielt das Alter einer Person und speziell die Volljährigkeit eine nicht unwichtige Rolle. Zum einen, weil je nach Alter einer Person unter Umständen auch andere Quellen relevant für die Recherchen werden können. Zum anderen können Zusätze wie „volljährig“, „großjährig“, „majorenn“ (abgeleitet aus dem Lateinischen majorennis, das von maior annis also „größer an Jahren“ kommt), „major“ oder im Gegensatz dazu solche wie „minderjährig“, „halbwüchsig“, „minorenn“ oder „minor“ auch dabei helfen, das ungefähre Alter einer Person zu bestimmen und damit z.B. herauszufinden (oder zumindest einen Hinweis darauf zu finden), um welche von potentiell mehreren Personen mit dem gleichen Namen es sich in einem bestimmten Fall handeln könnte.

 

 

Volljährig, mündig, großjährig oder majorenn?

Der Ausdruck „mündig“ (zur Vornahme bestimmter Rechtshandlungen berechtigt) wird mitunter gleichbedeutend mit volljährig verwendet. Er muss aber nicht zwangsläufig das Gleiche meinen. Mündigkeit wie Volljährigkeit werden zwar in der Regel an bestimmte Altersgrenzen geknüpft, die häufig auch zusammenfallen (zumindest, wenn es um die tatsächliche volle Mündigkeit geht). In den meisten deutschen Staaten trat die „Mündigkeit“ (im Sinne einer beschränkten Handlungsfähigkeit) vor 1875 aber bereits mit 18 Jahren ein, „volle Mündigkeit“ wurde dann aber erst mit der später eintretenden Volljährigkeit erreicht. Auch eine „Ehemündigkeit“ muss nicht zwangsläufig mit der Volljährigkeit zusammenfallen.

Zudem können Personen auch vor dem festgelegten Alter unter Umständen für mündig oder auch nach der Volljährig für unmündig erklärt werden. Die Information „mündig“ auf alten Dokumenten sollte man also nicht zwangsläufig mit der Volljährigkeit gleichsetzen.

Unter anderem in Kirchenbüchern findet man oft auch den Begriff „großjährig“. Hierbei handelt es sich in der Regel tatsächlich um ein Synonym für Volljährigkeit. Andere Begriffe, die in alten Dokumenten auf Volljährigkeit hindeuten können, sind „majorenn“ (Majorennität; oder auch majorennis in Lateinischen Schriften) oder „major“.

 

 

Volljährigkeit in Deutschland vor 1975

Die Altersgrenze 18 Jahre gilt in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 01. Jan 1975. In der DDR wurde man bereits ab 1950 mit 18 Jahren volljährig.

Früher haben die einzelnen Länder, mitunter auch in einzelnen Provinzen, Fürstentümer und Grafschaften ganz unterschiedliche Altersgrenzen für die Volljährigkeit. Vor der Einführung des einheitlichen Alters für die Volljährigkeit mit 21 Jahren in Deutschen Reich ab 01. Jan 1876 (auf Grundlage des Gesetzes, betreffend das Alter der Großjährigkeit von 1875) lag es in Anlehnung an römisches Recht (Rezeption) meist bei 25 Jahren. Allerdings gab es auch einige Ausnahmen. So war man beispielsweise in Baden, Bayern und Sachsen bereits mit 21 Jahren volljährig und in Oldenburg mit 24. Auch in Preußen war man laut Allgemeinem Landrecht bis 1870 mit 24 Jahren volljährig, dann aber bereits ab Mitte 1870 mit 21 Jahren.

Teilweise wurde bei Männern und Frauen auch mit unterschiedlichem Maß gemessen. In unserer Heimatstadt Hamburg war man bis 1870 als Mann mit 22 Jahren volljährig, als Frau mit 18 - ab Mitte 1870 dann bereits grundsätzlich mit 21 Jahren.

Im Mittelalter galten dagegen meist deutlich niedrigere Altersgrenzen.

Welches Alter gerade galt kann durchaus auch relevant für die eigenen Ahnenforschungs-Recherchen werden, beispielsweise um das Alter einer Person besser einschätzen zu können oder auch um zu wissen ab wann die Prüfung bestimmter Unterlagen sinnvoll ist. Häufig waren nämlich z.B. auch Bürgerrechte und Wehrpflichten an die Volljährigkeit gebunden.

 

 

Andere Länder, andere Sitten

In vielen anderen Ländern gelten immer noch andere Altersgrenzen, meist liegen diese aber heute zwischen 18 und 21 Jahren. Was man als Volljähriger oder Volljährige jeweils darf und was bereits vorher oder teilweise auch erst später möglich ist, kann sich dabei durchaus deutlich unterscheiden.

Für den Großteil Frankreichs galt die Volljährigkeit ab 21 Jahren bereits ab 1792 (seit 1974 liegt sie bei 18 Jahren). Die Altersgrenze 21 galt auch in Limburg und Elsass-Lothringen sowie bis 1975 in Luxemburg.

In Österreich ist man seit 2001 mit 18 Jahren volljährig (zuvor ab 1973 mit 19, ab 1919 mit 21, ab 1811 mit 24 Jahren). In der Schweiz ist man hingegen bereits seit 1996 mit 18 Jahren volljährig, vorher lag das festgelegte Alter bei 20 Jahren.

In den USA liegt das Volljährigkeitsalter zumeist bei 18 Jahren, wobei man bestimmte Rechte erst mit 21 Jahren erhält.

Aber es gibt auch einige Länder, die das Volljährigkeitsalter deutlich niedriger ansetzen. Beispiele sind der Jemen, Kirgisistan, Nepal, Turkmenistan, Usbekistan und Vietnam, in denen man bereits mit 16 Jahren volljährig wird. Auch gibt es immer noch Länder die in Bezug auf die Geschlechter unterschiedliche Maßstäbe anlegen (oft wohl zumindest auch, um frühere Eheschließungen der Frauen zu ermöglichen): Auf den Philippinen werden Frauen mit 18 volljährig, Männer erst mit 21 und im Iran liegt das Volljährigkeitsalter seit 1981 für Männer bei 15 (Mond-)Jahren und bei Frauen bei 9 (Mond-)Jahren.

Einen Überblick über verschiedene Länder heute kann man beispielsweise hier finden.

 

 

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2 Kommentare

Beyond History

10. Januar 2024

Lieber Herr Dr. Krämer,

ganz herzlichen Dank für den Hinweis, wir werden den Tippfehler sofort beseitigen!

Herzliche Grüße

Ihr Beyond History Team


Krämer

25. Dezember 2023

Dr.

Hallo Frau Bentschneider,

da hat sich wohl ein kleiner Schreibfehler eingeschlichen: Bei "Auch in Preußen war man laut Allgemeinem Landrecht bis 1970 mit 24 Jahren volljährig, dann aber bereits ab Mitte 1870 mit 21 Jahren." muss die erste Jahreszahl wohl 1870 lauten :-)

Viele Grüße

Peter Krämer


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