Beyond History Blog

9. November – der „Schicksalstag“ Deutschlands

Andrea Bentschneider - 09. November 2015 - Allgemein, Historische Ereignisse, Jubiläum, Judentum, Wissen, 1. Weltkrieg, 2. Weltkrieg

Der 9. November ist ein besonderer Tag in der Geschichte Deutschlands. Gleich vierfach hat er im 20. Jahrhundert Geschichte gemacht – im guten wie im traurigen Sinne. Daher wird heute vielerorts der Verbrechen, aber auch der positiven Entwicklungen, die mit diesem Tag in Verbindung stehen, gedacht.
Am 9. November 1918 meuterten kriegsmüde Seemänner, die im Zuge des Ersten Weltkrieges erneut gegen England auslaufen sollten, in Wilhelmshaven. Der Krieg hatte fast 10 Millionen Todesopfer und doppelt so viele Verwundete gekostet und die Menschen waren erschöpft. Die Revolte griff wie ein Lauffeuer auf das ganze Land über. Die Novemberrevolution führte zur Abdankung Kaiser Wilhelms und zur Errichtung der Deutschen Republik, in der erstmals eine demokratisch gewählte Regierung die politische Verantwortung übernahm.

Genau fünf Jahre später versuchte Adolf Hitler zusammen mit Erich Ludendorff, mit einem Putsch die politische Macht an sich zu reißen mit dem Ziel, eine Diktatur zu errichten und Deutschland zu seiner „alten Weltmachtstellung“ zurückzuführen. Mithilfe bewaffneter Kräfte umstellte er eine bürgerlich-nationalistische Versammlung in München, erklärte die Reichsregierung für abgesetzt und die nationalistische Revolution für begonnen. Am nächsten Tag wurde der Aufstand in blutigen Auseinandersetzungen mit der Polizei beendet, Hitler wurde festgenommen und zu fünf Jahren Haft verurteilt. In seiner Zeit im Gefängnis schrieb er den ersten Band seines Buches „Mein Kampf“ und wurde schon nach weniger als einem Jahr frühzeitig aus der Haft entlassen.

Der 9. November 1938 schrieb auf traurige Weise Geschichte. In der Reichspogromnacht wurden in Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei Synagogen und jüdische Geschäfte zerstört und in Brand gesetzt. Tausende Juden wurden misshandelt, verhaftet und getötet. Diese Nacht machte deutlich, dass in Deutschland Antisemitismus und Rassismus zur Staatsdoktrin geworden waren. Die Reichspogromnacht stellt ein Symbol für die unfassbare Vielzahl an Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar, die das Hitlerregime und seine Anhänger begingen.

51 Jahre später bedeutete der 9. November endlich wieder einen historischen Tag der Freude. 1989 befand sich die DDR, die durch eine Grenze von der BRD, sowie in Berlin durch eine 155 km lange Mauer getrennt wurde, kurz vor ihrem Zusammenbruch. In Massen flohen DDR-Bürger in die Bundesrepublik und Demonstrationen für die Öffnung der Grenzen wurden immer größer. Eine friedliche Bürgerbewegung konnte auf die Regierung schließlich so viel Druck ausüben, dass diese zurücktrat und am 9. November Reisefreiheit mit sofortiger Wirkung erlassen wurde. Sofort zog es etliche DDR-Bürger an die Grenzzäune, wo überforderte Grenzkommandanten nicht wussten, wie sie auf die tumultartigen Szenen reagieren sollten. Kurz vor Mitternacht öffneten sie spontan die Grenze. Der Eiserne Vorhang war damit gefallen und der Weg für die Wiedervereinigung Deutschlands freigemacht. Die Bilder von Menschen, die nachts auf der Mauer tanzen, haben ihren Weg in die Geschichtsbücher gefunden und erinnern an die Macht friedlicher Bürgerbewegungen.

Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.

0 Kommentare

Benachrichtigung bei neuen Blog-Artikeln