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Warum ein Deutscher der erste König der Belgier wurde

Heike Leiacker - 21. Juli 2017 - Allgemein, Feiertage, Historische Ereignisse, Persönlichkeiten, Wissen

Seit 1890 ist der 21. Juli der Nationalfeiertag Belgiens. Zurück geht dieses Datum auf den Tag im Jahr 1831 an dem der erste König der Belgier, Leopold I., den Eid auf die neue Verfassung des gerade unabhängig gewordenen Staates ablegte. Er stammte aus einem deutschen Adelsgeschlecht.

Das kleine Nachbarland Deutschlands, das heute knapp 11,3 Millionen Einwohnern sowie drei Landessprachen (Niederländisch, Französisch und Deutsch) hat, stand im Lauf der Geschichte unter unterschiedlichen Herrschaften (der Name Belgien bezieht sich dabei auf die ehemalige römische Provinz Gallia Belgica). Erst 1830 wurde das Land unabhängig. Vorausgegangen war nach dem Zerfall des Napoleonischen Reiches der Zusammenschluss zum Vereinigten Königreich der Niederlande, der 1815 auf dem Wiener Kongress beschlossen wurde. Aufgrund religiöser, sprachlicher und politischer Gründe kam es 1830 zur Revolution. Der überwiegend katholische Süden, in dem mehrheitlich französisch gesprochen wurde, spaltete sich vom überwiegend protestantischen, niederländischen Norden ab. Eine provisorische Regierung erklärte am 4. Oktober 1830 die Unabhängigkeit Belgiens. Am Ende des Jahres wurde diese in London von den Großmächten (Großbritannien, Österreich, Preußen, Russland und Frankreich) bestätigt.

Der neu gewählte Nationalkongress beschloss im Februar 1831 die belgische Verfassung. Diese war vergleichsweise progressiv, umfasste einen umfangreichen Grundrechtskatalog und sah eine parlamentarische Monarchie vor. Einen neuen König zu finden stellte sich jedoch als gar nicht so leicht heraus. Das niederländische Haus Oranien-Nassau, gegen das man sich ja gerade aufgelehnt hatte, war verfassungsrechtlich ausgeschlossen. Der einheimische Hochadel, beispielsweise Graf Félix de Mérode, der zuvor Mitglied der vorläufigen Regierung gewesen war und später Minister wurde, lehnte ab. Auch der anschließend angedachte Sohn des neuen französischen Königs Louis-Philippe I., Louis d’Orléans, duc de Nemours, war keine Lösung. Großbritannien und der belgische Premierminister lehnten ihn, aus Angst vor einer Machtübernahme durch Frankreich, ab.

Leopold, Prinz von Sachsen-Coburg-Saalfeld (ab 1826 Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha), der am 16. Dezember 1790 in Coburg geboren worden war, kam hier gerade recht. Der Wittwer der englischen Thronfolgerin hatte familiäre und freundschaftliche Kontakte nicht nur nach Großbritannien sondern auch nach Russland und Frankreich. Zudem stellte er als Protestant ein Gegengewicht zur katholischen Kirche dar. Bereits 1830 war ihm die griechische Krone angeboten worden, er lehnte aber zugunsten der belgischen ab.

Am 17. Juli 1831 betrat Leopold von Sachsen-Coburg und Gotha am Strand von De Panne erstmals belgischen Boden. Bereits vier Tage später legte er den Eid auf die Verfassung ab und wurde damit zum König der Belgier. Übrigens wird bis heute ein belgischer Thronfolger nicht bereits mit dem Tod seines Vorgängers zum König ernannt, sondern erst mit der Ablegung dieses Eides. Weniger als zwei Wochen nach der Amtseinführung starteten die Niederlande noch einmal eine militärische Offensive, die von Frankreich und Großbritannien, letztendlich durch eine Seeblockade, beendet wurde. Es dauerte aber noch bis 1839 bis sich Belgien und die Niederlande auf einen Friedensvertrag geeinigt hatten. Unter anderem wurde darin auch eine immerwährende Neutralität Belgiens geregelt.

Nach seinem Amtsantritt heiratete Leopold I. 1832 Louise d’Orléans, die katholische Tochter des Königs von Frankreich. Am 10. Dezember 1865 starb er. Auf den Thorn folgte ihm sein Sohn Leopold II. Seit 2013 ist Philippe der 7. König der Belgier.

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