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Zur Geschichte der Nachnamen - Teil 3

Andrea Bentschneider - 24. Februar 2018 - Allgemein, Namenskunde, Wissen

In unserer Blogserie ging es bereits um die Entstehung der Nachnamen sowie um Berufsbezeichnungen und Übernamen als Nachnamen. Im dritten Teil werden heute Nachnamen behandelt, die sich aus der Herkunft einer Person oder ihrer Wohnstätte entwickelten.

 

Wohnstättennamen

Viele Nachnamen gehen auf eine Beschreibung der Lage des Hauses oder Hofs der jeweiligen Person zurück. Diese werden als Wohnstättennamen bezeichnet.

Hierzu konnten natürliche Gegebenheiten herangezogen werden, wie ein Berg, eine Wiese, ein Baum, ein Bach oder ein Tal, aber durchaus auch von Menschen geschaffene,  wie z.B. ein Kirchhof, ein Feldweg oder ein Steinacker.

Der Nachname Lindemann lässt beispielsweise darauf schließen, dass die männliche Person bei einer Linde wohnte. Herr Berghof hatte hingegen den Hof an oder auf dem Berg. Und Familie Ost wohnte vermutlich im östlichen Teil des Dorfes.

 

Haus- und Hofnamen

Häufig wurden Personen aber nicht nur nach der Lage, sondern direkt nach ihrem Haus oder Hof benannt.

Häuser und Höfe erhielten etwa ab dem 12. und 13. Jahrhundert Namen. Damals gab es weder Straßennamen noch Hausnummern und der größte Teil der Bevölkerung konnte nicht lesen und schreiben. Mit wachsenden Bevölkerungszahlen wurde es notwendig, Personen genau lokalisieren zu können - selbst in kleinen Orten. Im Gegensatz zur Entstehung der Familiennamen entstanden die Benennungen von Häusern und Höfen aber nicht auf einen Erlass hin, sondern hatte praktische Gründe.

Ein wichtiger Nebeneffekt für die Grund- und Landesherren war eine eindeutige Zuordnung von Besitz, Lehnsrechten, Dienstleuten und Hörigen. Dies ermöglichte beispielsweise eine leichtere Verwaltung sowie eine bessere Organisation des Militärdienstes bzw. Erfassung von Wehrpflichtigen.

Häuser wurden unter anderem benannt nach:

  • Nachnamen früherer Besitzer
  • Vornamen früherer Besitzer
  • Kurzform der Vornamen
  • Spitznamen früherer Besitzer
  • Berufsnamen

Wohnte nun beispielsweise ein Landwirt mit dem Namen Franz Meyer auf einem Bauernhof, den er von einem Herrn Stratmann übernommen hatte, konnte es sein, dass er im Ort nur als Stratmann-Franz bekannt war. Der eigentliche Familienname geriet oft in Vergessenheit.

Da zu dieser Zeit in der Namengebung noch grundlegende Veränderungen und umfangreiche Neubildungen stattfanden, konnte es durchaus sein, dass die Familie Meyer zur Familie Stratmann wurde. Der Familienname entstand also aufgrund der Hofzugehörigkeit.

Aber auch wenn jemand früher beispielswiese Meyer genannt Stratmann (oder Stratmann genannt Meyer) hieß, kann dies mit der Übernahme eines Hofes zu tun haben. Zwar gibt es ganz unterschiedliche Gründe für solche „Genanntnamen“, die Beibehaltung des ursprünglichen Hofnamens war jedoch ein durchaus häufiger.

Noch heute sind die traditionellen Hausnamen im ländlichen Raum umgangssprachlich durchaus in Gebrauch. Dabei werden die Hausnamen den Vornamen meist vorangestellt (Franz Meyer vom Stratmann-Hof wird Stratmann-Franz genannt).

Aber nicht nur auf dem Dorf gab es diese Art der „Namensgebung“. Um 1332 waren in Mainz etwa 50% aller Familiennamen Häusernamen.

Geschäfte zeigten häufig ihr „Berufs- oder Innungszeichen“ am Haus: Der Bäcker hatte also eine Brezel, der Schneider eine Schere usw. Wurde nun zum Beispiel der Schneider gesucht, konnte auf das Haus mit der Schere verwiesen werden, das Schneiderhaus. Das Haus behielt meist auch dann seinen Namen, wenn der Schneider aus- und neuer Mieter eingezogen war.

 

Herkunftsnamen

Aber nicht nur der aktuelle Wohnort konnte zur Vergabe eines entsprechenden Nachnamens führen. Oft war es auch der Herkunftsort einer Person, an dem diese nicht mehr lebte. Der ursprüngliche Namensgeber zog also an einen anderen Ort und war dort eben nur als der Bremer, Wiener oder eben auch Hamburger bekannt. Aber auch Länder, Regionen, Flüsse, Gebirge oder kleinere Orte hinterließen so ihre Spuren: Pohl, Böhm, Schlesinger, Bayer, Hess, Mosel, Niederbüttel o.ä.

 

Oft lassen sich Nachnamen nicht eindeutig einer Kategorie zuordnen. Gerade Wohnstättennamen und Herkunftsnamen sind oft schwer zu trennen - ganz abgesehen davon, dass bei Herkunftsnamen oft mehrere Herkunftsorte in Frage kommen.

Ein Herr Pohl könnte beispielsweise von jemandem abstammen, der aus Polen kam, oder der in der Nähe eins Pfuhls, also einer wassergefüllten Vertiefung, lebte. Und die namensgebenden Vorfahren von Frau Mosel könnten an der Mosel ansässig oder eben von dort in eine andere Region gezogen sein. Auch der Name Stein ist nicht eindeutig, hier kann es sich um einen Stein oder Felsen als Merkmal des Wohnortes gehandelt haben oder auch um einen Herkunftsort mit diesem Namen (und da gibt es einige).

Eindeutige Informationen zum Herkunftsort der Vorfahren liefern Namen also meist nicht, Hinweise darauf können Sie aber durchaus enthalten. Dazu noch mehr in den kommenden Beiträgen dieser Reihe.

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