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Spatenrecht

Heike Leiacker - 06. April 2017 - Allgemein, Wissen

Deiche sind für die deutsche Nordseeküste charakteristisch und wurden neben dem allgemeinen Hochwasserschutz auch zur Landgewinnung eingesetzt. Entsprechend ihrer großen Bedeutung lässt sich der Spruch Deus mare, Friso litora fecit" (Gott schuf das Meer, der Friese schuf die Küste) verstehen. Der Schutz vor Hochwasser spielt bis heute eine wichtige Rolle, im Februar haben wir ja bereits über die Auswirkungen der Sturmflut von 1962 für Hamburg berichtet. Doch wer ist und war eigentlich für die Erhaltung der Deiche zuständig?

Selbst kleine Schäden können zu einem Versagen des Deiches führen. Wichtiger Bestandteil des Deichrechts ist daher die Deichlast oder auch Deichpflicht. Das heißt, die Verpflichtung für die Errichtung, den Unterhalt und die Instandsetzung der Deiche aufzukommen.

Heute ist die Errichtung von Deichen in Deutschland eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern. Die Deichlast wird von Deichverbänden übernommen. Die Kosten werden dabei auf alle Grundeigentümer in den durch Deiche geschützten Gebieten verteilt. Gegebenenfalls besteht auch eine Pflicht zu Schutzarbeiten.

Früher war hingegen jeder Grundbesitzer für den zu seinem Land gehörigen Deich selbst zuständig. Es handelte sich dabei um den direkt an das eigene Grundstück anschließenden Deich oder um einen Deichabschnitt, der sich nach der Größe der eigenen Ländereien richtete (Kabeldeichung).

Die Umsetzung der Deichlast wurde hart erzwungen. Wer sich weigerte, sich um seinen Deichabschnitt zu kümmern, oder sich nicht dazu im Stande sah, verlor entsprechend dem Satz „De nich wul dieken, mut wieken!“ (Wer nicht will deichen, der muss weichen) seinen Grundbesitz. Das sogenannte Spatenrecht sah vor, dass durch das Stecken eines Spatens in den jeweiligen Deichabschnitt das gesamte Grundstück für herrenlos erklärt wurde. Wer den Spaten wieder herauszog, erhielt den Besitz, übernahm aber gleichzeitig auch die damit einhergehenden Lasten und Pflichten. Auch der Landbesitzer selbst konnte  auf diesem Weg die Rechte an seinem Grundstück abtreten.

Gerade in Gebieten, in denen es häufig zu Überschwemmungen kam, oder in denen lange Deiche vergleichsweise wenig Land schützten, bedeuteten die Deichlasten oft sehr hohe, dauerhaft nicht immer zu stemmende Belastungen. Die erzwungene oder freiwillige Aufgabe der Landbesitzer war also wohl keine Seltenheit, insbesondere wenn durch Hochwasser ein beachtlicher Teil des Besitzes verloren gegangen war.

Übrigens ist der Name des Hamburger Stadtteils Spadenland vom alten Deichrecht, dem Spadelandsrecht abgeleitet.

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