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Flucht aus religiösen Gründen im Zuge der Reformation

Andrea Bentschneider - 31. Oktober 2017 - Allgemein, Auswanderung, Feiertage, Historische Ereignisse, Persönlichkeiten, Wissen

Am 31. Oktober 1517 soll Martin Luther seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen haben. Ob er dies wirklich getan hat, ist heute umstritten, dennoch gilt dieses Datum vielen als eigentlicher Beginn der Reformation und es wird daher in Deutschland und Österreich als Reformationstag gefeiert.

 

In jedem Fall hatte die Reformation weltweite Folgen. Für uns Genealogen ist zuerst einmal zu nennen, dass es sowohl katholische als auch evangelische Kirchenbücher gibt, es also für die Forschung immer wichtig ist, zu wissen, welche Religion ein Vorfahr hatte. Je nach Wohnort ist es unterschiedlich wahrscheinlich, dass es sich um Katholiken oder Protestanten handelte. Zum anderen löste die Reformation aber auch große Migrationsbewegungen aus. Unsere Vorfahren zogen also ggf. aufgrund ihrer Religion um – mal mehr, mal weniger freiwillig.

Religiös Andersdenkende hatten es in der Geschichte häufig mit Verfolgung zu tun. Das traf auch auf Personen zu, die versuchten den Katholizismus zu reformieren. So wurde beispielsweise Jan Hus 1415 während des Konstanzer Konzils verbrannt. Im Zuge der Reformation bekannte sich erstmals seit der Antike wieder eine Vielzahl an Menschen in Deutschland zu einem anderen Glauben als dem Katholizismus. Dazu gehörten auch viele deutsche Landesherren. Nach jahrzehntelangen Auseinandersetzungen wurde 1555 auf dem Reichstag zu Augsburg der  „Augsburger Religionsfrieden“ geschlossen. In diesem Gesetz wurde die friedliche Koexistenz von Katholizismus und Luthertum festgelegt. Beide wurden für gleichwertig erklärt. Im Zuge des „ius reformandi“ wurde jedoch festgelegt, dass die jeweiligen Landesherren die Religion ihrer Untertanen bestimmten. Änderte also dieser seine Religion, hatte es ihm die gesamte Bevölkerung zumindest theoretisch gleichzutun. Andersdenkende wurden entweder dazu gezwungen zu konvertieren oder aus dem Land vertrieben. Durch das „ius emigrandi“ wurde gleichzeitig den andersgläubigen Personen aber auch das Recht eingeräumt, das Land aus freien Stücken zu verlassen und ihr religiöses Glück unter einem Landesherren ihres Glaubens zu finden.

Aber nicht nur innerhalb Deutschlands kam es aufgrund der Reformation zu großen Migrationsbewegungen. Auch aus anderen Ländern wanderten Protestanten nach Deutschland ein. Vor allem in Frankreich und Spanien wurden sie nämlich massiv verfolgt.

Es gab in Deutschland auch Städte, die bewusst solche Religionsflüchtlinge anzogen. In diesen Städten herrschte Religionsfreiheit. Wer seine Heimat freiwillig verließ hatte in der Regel entweder das nötige Geld hierzu oder er war beispielsweise als Handwerker in der Lage, seine Einkommensgrundlage mitzunehmen. Entsprechend positiv waren häufig die Auswirkungen für Städte und Länder, in denen sich diese Personen ansiedelten.

Es zog aber auch viele Protestanten von Deutschland ins Ausland. Besonders Amerika war für Religionsflüchtlinge ein beliebtes Auswanderungsziel. Hier herrschte Religionsfreiheit und man konnte hoffen, sich ein ganz neues Leben aufzubauen. Dies galt insbesondere für Reformierte und Täufer, die in den deutschen Ländern noch länger Verfolgungen ausgesetzt waren als Lutheraner. Ein sehr beliebtes Ziel innerhalb Amerikas war Pennsylvania. Bereits 1683 wurde hier die erste deutsche Siedlung Germantown gegründet. Und man spricht von den sogenannten „Pennsylvania Dutch“. Noch heute gibt es in Pennsylvania große mennonitische und amische Gemeinden.

Allerdings waren die evangelischen Gemeinden in Amerika in ihrer Anfangszeit offenbar nicht besonders gut strukturiert. Im Jahr 1742 wurde der deutsche Theologe Heinrich Melchior Mühlenberg nach Pennsylvania geschickt. Dort baute er ein unabhängiges lutherisches Kirchenwesen auf, gründete Gemeindekirchen und Schulen.

Die Lebenswege unserer Vorfahren wurden nicht unwesentlich durch die Reformation beeinflusst. Entsprechend hoch ist ihre Relevanz für die Ahnenforschung.

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